Dritter Newsletter von TroikaWatch

In dieser Ausgabe unseres Newsletters behandeln wir folgende Themen:

Gesamtsituation

Ähnlich wie in den letzten Monaten lässt sich die europäische Situation so charakterisieren, dass die Regierungen versuchen, den Schein zu wahren, während die Situation sich für immer mehr Menschen verschlechtert. Nach Irland ist Portugal wahrscheinlich das zweite Land, dass den Troika-Schirm im Mai verlässt. Allerdings wird dies nicht die Lebensbedingungen der Menschen verbessern, da die Sparmaßnahmen in den kommenden Jahren weiter fortgesetzt werden. Dabei ist es stark anzuzweifeln, dass die Verschuldung ohne einen erheblichen Schuldenerlass wirklich signifikant reduziert werden kann.

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Europäische Ebene

In vielen Ländern hat die Untersuchung des Europäischen Parlaments zur Arbeit der Troika [de] [en] [nl] [fr] [el] [it] [pt] [sl] [es] für Schlagzeilen gesorgt. Die Untersuchung hat ganz klar festgestellt, so wie bereits von uns berichtet, dass die Troika europäisches Recht wiederholt gebrochen hat. Leider ist das Urteil des Europäischen Parlaments über die Troika momentan recht irrelevant, da das Parlament keine Befugnis hat, über die politischen Maßnahmen der Troika zu bestimmen.

Daher muss diese Untersuchung auch vor dem Hintergrund des Kräftespiels zwischen den verschiedenen europäischen Institutionen gesehen werden. Obwohl es zu unterstützen wäre, wenn auf Europäischer Ebene eine Kräfteverschiebung von der Kommission und dem Rat hin zum Parlament stattfinden würde, bezweifeln wir doch stark, dass dies grundlegende Änderungen der europäischen Politik zur Folge hätte. So werden die wesentlichen Entscheidungen noch immer hinter verschlossenen Türen getroffen.

TroikaWatch hat einen Artikel zum Untersuchungsbericht des Parlaments zur Arbeit der Troika veröffentlicht, der hier [de] [en] [fr] [sl] gelesen werden kann.

Ein neuer Bericht von Caritas Europe mit dem Titel „Die Auswirkungen der europäischen Krise“ zeigt, dass sich die Krise durch das Versagen der EU und seiner Mitgliederstaaten wahrscheinlich verlängert. Zu diesem Versagen gehören sowohl keine konkrete Unterstützung im erforderlichen Umfang für Personen, die in Schwierigkeiten geraten sind, als auch beim Schutz grundlegender öffentlicher Dienste und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Bericht kann von der Website von Social Justice Ireland [en] heruntergeladen werden.

Nicht nur im Hinblick auf die Troika scheint das Brechen von Regeln die neue Handlungsdirektive zu sein, auch andere EU-Themen sind davon betroffen. Da der Europäische Rat und die deutsche Regierung kontinuierlich versuchen, das Europäische Parlament bei der Einrichtung eines neuen Abwicklungsmechanismus für bankrotte Banken auszugrenzen, hat die Grüne Bundestagsfraktion eine Studie [de] veröffentlicht, in der festgestellt wird, dass die Einsetzung eines solchen Mechanismus ohne ordnungsgemäße Abstimmung im Europäischen Parlament ein weiterer Bruch des europäischen Rechts darstellen würde. Der Bericht kommt zum selben Schluss wie eine Kurzstudie [en], die Anfang des Jahres vom Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold vorgestellt wurde.

Wenn allerdings Unternehmensinteressen betroffen sind, dann wissen mächtige Spieler ihre „Rechte“ durchzusetzen. Der Bericht „Profiting from Crisis – How corporations and lawyers are scavenging profits from Europe’s crisis countries[en] (Von der Krise profitieren – Wie sich Konzerne und Anwälte Profite aus den europäischen Krisenländern aneignen), vor kurzem von CEO und TNI veröffentlicht, deckt eine wachsende Flut an Firmenklagen gegen die angeschlagenen europäischen Krisenstaaten auf. Der Bericht stellt fest, dass diese Klagen eine eindringliche Warnung vor den potenziell hohen Kosten des geplanten Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU sind.

Weitere Einzelheiten zu diesem Abkommen, dem Transatlantic Trade and Investment Agreement (TTIP), können auch in einem Bericht [en] des europäischen Büros der Rosa Luxemburg Stiftung nachgelesen werden.

Aber es gibt auch weiterhin zivilen Widerstand. Während der letzten Verhandlungsrunde zwischen EU und USA für das Freihandelsabkommen TTIP wurden am 13. März von D19-20, Alter Summit, Blockupy Europe, S2B Network und dem Europäischen ATTAC Netzwerk in Brüssel Proteste organisiert.

Der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) hat eine neue Kampagne gestartet: „Ein neuer Weg für Europa[en] [fr]. In diesem Kontext ist auch eine Europäische Demonstration in Brüssel am 4. April 2014 geplant.

Mehr europaweite Proteste sind für den Zeitraum vor den europäischen Wahlen im Mai angekündigt. In vielen Ländern rufen Bündnisse und Organisationen der Zivilgesellschaft zu europäischen Aktionstagen vom 15. bis zum 24. Mai [en] auf. Am 15. Mai feiert die 15M Bewegung in Spanien ihren dritten Geburtstag und am 17. Mai plant das Blockupy Bündnis [de] [en] Proteste in Deutschland in den Städten Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart.

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Griechenland

Ende Januar besuchte schließlich der Ausschuss des Europäischen Parlaments, der die Arbeit der Troika untersucht, Griechenland. Der ursprüngliche Termin war verschoben worden, um nicht die Feierlichkeiten anlässlich des Beginns der griechischen Präsidentschaft der Europäischen Union zu stören. Othmar Karas, der konservative Teil der Führungs-Doppelspitze des Ausschuss, lieferte sich einen verbalen Schlagabtausch mit dem griechischen Oppositionsführer Alexis Tsipras, indem er Tsipras vorwarf, keine Alternativvorschläge zu der von der Troika in Griechenland verfolgten Politik vorgelegt zu haben. Dies wurde später jedoch vom französischen Sozialisten Liêm Hoang Ngoc (MEP) bestritten, der ihn als zweite Hälfte der Führungs-Doppelspitze des Ausschuss bei diesem Besuch begleitete.

Mittlerweile hat SYRIZA, das laut jüngsten Umfragen bei bevorstehenden Wahlen deutlich vorn liegt, seine Position, die es dem Ausschuss übermittelt hat, auch in Form des „Black Book of Troika[en] [el] (Das schwarze Buch der Troika) veröffentlicht.

Während auf der einen Seite die von der griechischen Regierung zu Beginn des Februars veröffentlichten Finanzergebnisse für das Jahr 2013 besser als erwartet waren ( Rezession -3,7%, positive Zahlungsbilanz und Primärsaldo, während das Gesamtdefizit weniger als 3% betrug), war auf der anderen Seite der Preis dafür schlimmer als erwartet: Die Arbeitslosigkeit lag bei 28% (die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 60%) und die Verschuldung hat ein untragbar hohes Niveau erreicht (über 170%).

Der griechische Finanzminister gab bekannt, dass er diese Zahlen erwartet hatte und lehnte deshalb die Forderung nach drei Milliarden Euro Sparmaßnahmen ab, die die Troika im November gefordert hatte. Somit sind die Verhandlungen über die Freigabe der nächsten Kredittranche, die ursprünglich für Ende 2013 geplant war, blockiert [en]. Dies führt dazu, dass Griechenland genötigt ist, kurzfristige Anleihen ausgeben, um diese Verzögerung zu überbrücken.

Inzwischen sind die Troika-Inspektoren wieder nach Athen zurückgekehrt, um die Freigabe einer weiteren Kredittranche von 8,8 Milliarden Euro zu prüfen, die dafür benötigt wird, um die vor den Europäischen Wahlen Ende Mai fälligen Kredite und Zinsen zu bezahlen. Um die Auszahlung dieser Tranche zu genehmigen, fordert die Troika Maßnahmen, von denen die griechische Regierung gehofft hatte, diese hinausschieben zu können: eine zusätzliche Entlassungswelle von 12.500 Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die Verbesserung des „Wettbewerbs“, indem die mehr als 300 Empfehlungen eines kürzlich veröffentlichten OECD-Berichts [en] umgesetzt werden, sowie die Reduzierung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber und einiger anderer Steuern. Die Steuersenkungen werden neue Lücken in die griechischen Bilanzen reißen und eine neue Runde von sozialen Kürzungen später im Jahr nach sich ziehen – die die Regierung vermeiden wollte – , während mindestens eine der im OECD- Bericht enthaltenen Maßnahmen sogar das Überleben der griechischen Milchindustrie [en] gefährden könnte.

Es wird erwartet, dass die griechische Regierung diese Bedingungen in den kommenden Wochen akzeptiert, um die versprochenen Gelder zu erhalten, um Teile davon dafür zu verwenden, vor den Wahlen bestimmten Zielgruppen wahltaktische Zugeständnisse zu machen. Die Hoffnung ist, so das erwartete schwache Abschneiden der Parteien der Regierungskoalition sowohl bei den Kommunal- als auch bei den Europawahlen im Mai begrenzen zu können. Doch trotz Debatten innerhalb der deutschen Bundesregierung über Ankündigungen, die der Regierungskoalition mit ihrer hauchdünnen Mehrheit in Griechenland dabei helfen könnten für diese Wahlen besser aufgestellt zu sein, wird die Frage der griechischen Schulden erst nach den Wahlen [en] angegangen werden.

Es besteht die Gefahr, dass nach diesen Wahlen wieder eine größere politische Schlacht ausbricht, zwischen dem IWF und anderen „Pragmatikern“ auf der einen Seite, die Griechenlands Schuldenlast reduzieren oder deren Rückzahlung hinauszögern wollen, die Reformen fortsetzen und es dann „Vergebung der Schulden[en] nennen wollen und andererseits denjenigen, die nicht glauben, dass das ganze Reformprojekt bedroht ist und es aus politischen Gründen (dies gilt vor allem für die nordeuropäischen Länder) nicht wollen, dass sie als jemand angesehen werden, der Griechenland auf irgendeine Art und Weise hilft.

Die augenscheinliche Reaktion von Seiten der deutschen Bundesregierung besteht darin, zu diesem Zeitpunkt Griechenland ein neues Memorandum [en] aufzuzwingen, um die Macht der Troika über das Land im Austausch für einen neuen Bailout zu verlängern. Dadurch werden die griechischen Schulden auf mehr als 180% des BIP steigen, bei einer gleichzeitigen Verlängerung der Rückzahlungszeit von 30 auf 50 Jahre.

Der IWF, pragmatischer als seine Troika-Partner, hat sich in der Vergangenheit für eine weitere finanzielle Unterstützung Griechenlands [en] eingesetzt, weil dies seiner Meinung nach der einzige erfolgversprechende Weg ist, um die ideologische Zustimmung für die Sparpolitik aufrecht zu erhalten. Diese Forderung nach Schuldenabbau, wenn die Schulden steigen, ist dadurch motiviert, dass der IWF eine Begründung für die Fortsetzung der Sparpolitik bieten muss, ungeachtet der von ihr bewirkten Auswirkung auf Arbeitsmarktzahlen und den Zusammenbruch der Wirtschaft. Letztendlich stimmt der IWF zu, dass, wenn ein neues „Rettungspaket“ sowohl von Griechenland als auch seinen Kreditgeber als notwendig betrachtet wird, weitere drastische und strenge Maßnahmen im Gegenzug gefordert werden.

Andere, wie SYRIZA, aber auch der deutsche Ökonom Jens Bastian [en], bis vor kurzem ein Mitglied der Troika Task Force in Griechenland, haben sich für eine Lösung gemäß der Regeln ausgesprochen, die der internationale Gipfel im Jahr 1952 für den Umgang mit den deutschen Nachkriegsschulden festgelegt hat – „um Griechenland eine bessere Zukunft zu ermöglichen“.

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Irland

Auch Irland wurde von einer Delegation des Ausschusses des Europäischen Parlaments besucht, der die Arbeit der Troika untersuchte. Während ihres Besuchs überreichte Social Justice Ireland einen 22-seitigen Bericht über die Troika. Die wichtigsten Punkte ihres Befunds über die Arbeit der Troika sind:

  • Die Sparpolitik der Troika in Irland und anderen Troika-Ländern basierte auf einer unsoliden wissenschaftlichen Grundlage, war in der Praxis ein Misserfolg sowie moralisch unethisch, da arme Menschen und Menschen mit mittlerem Einkommen einen unangemessen hohen Anteil der Folgen zu tragen haben;
  • Während einerseits ein drakonischer Ansatz in Bezug auf die öffentlichen Finanzen verfolgt wurde, hat es die Europäischen Kommission andererseits versäumt, eine ausreichend strenge Regulierung des Finanzsektors einzuführen;
  • Alle zukünftigen Troika-Rettungsprogramme sollten an die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und die Verträge gebunden sein.

Hier kann man den vollständigen Bericht [en] herunterladen.

Während der irische Minister für Sozialschutz die Arbeitsmarktzahlen in Irland als Beweis dafür sieht, dass sich die wirtschaftliche Lage im Land wieder normalisiert hat, setzte sich Michael Thaft genauer mit den Daten auseinander. Er fand heraus, dass sich seit dem Ausbruch der Krise im Jahr 2008 die durchschnittliche Zahl der Auswanderer pro Jahr im Vergleich zu den Jahren vor der Krise mehr als verdoppelt hat (um 133,7%). Noch dramatischere Zahlen fand Thaft für Spanien, wo die Auswanderung seit Ausbruch der Krise um 274% angestiegen ist. Der vollständigen Artikel „Normal Euro zone Countries Don’t Export Their People[en] (Normale Euro-Zone Länder exportieren nicht ihre Menschen) kann in der Irish Left Review gelesen werden.

Morgan Kelly, Wirtschaftswissenschaftler am University College Dublin und nach der Irish Times „der erste Ökonom, der das wahrscheinliche Ausmaß des irischen Bankenkollaps vorhergesagt hat“, warnte kürzlich in einer Rede vor der UCD Economics Society, dass die „echte Krise für die irische Wirtschaft möglicherweise noch gar nicht stattgefunden hat[en]. Wenn die Banken-Stresstests zu hart wären, würden sie zu einer Kreditklemme führen, die eine Insolvenzwelle von Tausenden von kleinen und mittleren Unternehmen zur Folge hätte.

Sehen Sie seine gesamte Rede hier:

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Portugal

Die Staatsverschuldung ist im Zeitraum von Juni 2011 bis Dezember 2013 von 172,3 Mrd. Euro auf 204,3 Mrd. Euro gestiegen. Wenn im September 2014 die neuen Rechnungslegungsvorschriften von Eurostat übernommen werden und außerdem andere versteckte Schulden einbezogen werden, könnte die gesamte Verschuldung Portugals sogar 242 Mrd. Euro erreichen.

Ende letzten Jahres ist die Zahl der Erwerbstätigen in Portugal von 4,635 Millionen im Vorjahr auf 4,513 Millionen gesunken. Die Arbeitslosenquote beträgt 15,3%, wobei die Jugendarbeitslosigkeit 34,7% beträgt.

Seit Ankunft der Troika in Portugal sind die Löhne um fünf Prozent gesunken und das in einem Land, wo der durchschnittliche Lohn nur 700 bis 800 Euro beträgt. Da ist es dann auch nicht überraschend, dass ungefähr 265.000 Portugiesen seit der Unterzeichnung des ersten Memorandum of Understanding mit der Troika ausgewandert sind. Dadurch wurde Portugal ein Kernstück seiner Arbeitskraft geraubt in einer Zeit, in der das Land wieder darum ringt, zu Wachstum zurückzukehren.

Die besseren Ergebnisse in der Zahlungsbilanz lassen sich auf außergewöhnliche Tatsachen zurückführen: ein starkes Sinken der Investitionen (z. B. importierte Maschinen, Rohstoffe) und die Auswirkungen des Verfalls der Kaufkraft (da Menschen ärmer werden) auf importierte Konsumgüter.

Etwa 53% der Auslandsinvestitionen in Portugal befinden sich im Finanz- und Immobiliensektor. Dies sind beides Sektoren, die nicht mehr länger zu den hoch produktiven Sektoren zählen, wenn sie das jemals waren. Ein beträchtlicher Teil der Auslandsinvestitionen kommt aus den Niederlanden und Luxemburg, wo große portugiesische Unternehmen aus Steuergründen ihre Hauptsitze hin verlegt haben. Somit gelten zum Beispiel deren Supermärkte in Portugal als Auslandsinvestitionen, was eine Übertreibung dahingehend darstellt, dass diese Zahlen eine positive Entwicklung hinsichtlich der Rückkehr von ausländischen Investoren nach Portugal aufzeigen sollen.

Nachdem das portugiesische Verfassungsgericht die vorgeschlagene Troika-Maßnahme nach einer 10-prozentigen Rentenkürzung im öffentlichen Sektor ablehnte, war das Gefühl der Erleichterung nur von kurzer Dauer. Denn schon bald darauf beschloss die Regierung neue Maßnahmen [en], um die durch die nicht umgesetzten Rentenkürzungen entstandenen Verluste zu kompensieren: Statt der bisherigen 2,5% müssen die Menschen nun Abgaben in Höhe von 3,5% zum Sozialversicherungssystem beitragen. Zusätzlich müssen nun auch Sonderbeiträge von den Arbeitnehmern gezahlt werden, die mehr als 1.000 Euro im Monat verdienen. Zuvor lag die Grenze hierfür bei 1.350 Euro.

In einem weiteren Versuch, Geld zu sparen, plant die Regierung die Schließung von Dutzenden von Gerichten und Steuerämtern in peripheren Gebieten, in denen es nicht genügend Wirtschaftstätigkeit gibt und Menschen von der Subsistenzwirtschaft (z.B. Landwirte, die nur für die Selbstversorgung ihrer Familien produzieren), von den Einnahmen kleiner Geschäfte und von Renten leben.

Portugals 78-Milliarden-Euro-Rettungsprogramm wird am 17. Mai enden, was bedeutet, dass die Troika wohl das Land verlassen, aber die EU-Kommission auch weiterhin den Finanzhaushalt für viele kommende Jahre überwachen wird.

Zusätzlich werden – mit oder ohne Troika – die Sparmaßnahmen fortgeführt : internationale Gläubiger haben Portugals Parteien und Bürger dazu aufgerufen, die Sparmaßnahmen noch „einige Jahre[en] zu unterstützen. Und der jüngste IWF-Bericht ist zu dem Schluss gekommen, dass „zusätzlich zu der weiteren Haushaltskonsolidierung eine kontinuierliche Veränderung der Wirtschaft erforderlich ist, die deutlich über den Programmzeitraum hinausgeht.“ „Portugal sieht sich weiterhin mit großen wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert“ und „die Risiken hinsichtlich der Erreichung der Programmziele bleiben hoch“.

Anfang Februar rief die Gewerkschaft CGTP zu Demonstrationen in mehreren portugiesischen Städten auf, an denen sich Tausende beteiligten. Die Demonstranten forderten ein Ende der Sparmaßnahmen und meinten, dass dafür die Bildung einer neuen Regierung notwendig sei.

Darüber hinaus haben am 7. März mehrere Tausend Polizisten gegen Kürzungen bei Löhnen und Renten vor dem portugiesischen Parlament protestiert. Zehn Menschen wurden während der Proteste verletzt.

In einem Versuch, drei Jahren Sparpolitik in Portugal in Bildern und auf Video festzuhalten, haben neun portugiesische Fotografen die Crowd-Funding Initiative „Projecto Troika[en] [pt] ins Leben gerufen. Sie wollen bis Ende September 15.000 Euro für ihr Projekt sammeln, um ein Buch, eine Website sowie eine DVD zu veröffentlichen, die die Bilder enthalten, die das Leid der Menschen des Landes aufgrund der Troika Maßnahmen widerspiegeln – „ein Dokument für das zukünftige Erinnern“.

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Zypern

Die Troika-Politik hat 2013 in Zypern eine Rezession von 5,3% verursacht und laut Prognosen wird die Rezession auch 2014 in Zypern weiter anhalten. Ungeachtet dessen werden positive Töne über Zyperns „Erholung“ verkündet und die koordinierten positiven Nachrichten der Troika-Partner scheinen den Zweck zu haben, ein Gefühl von „zurück zur Normalität“ für die Wirtschaft Zyperns vermitteln zu wollen, während die Sparmaßnahmen fortgesetzt werden.

Im Februar fanden Streiks und Massenproteste gegen einen Plan statt, das zypriotische Telekom-Unternehmen Cyta, mehrere Häfen und den Stromversorger zu privatisieren. Dies ist eine Forderung der Troika, um die nächste Tranche des Rettungspakets von 236 Millionen Euro auszuzahlen. Der erste größere Protest fand am 8. Februar vor dem Finanzministerium, dem Arbeitsministerium und dem House of Europe statt.


Doch die Demonstration konnte die Regierung nicht davon abhalten, diesem Plan am 13. Februar zuzustimmen.

Es gab auch viele Streiks in den von der Privatisierung bedrohten Unternehmen [en]. Während das Parlament seine Diskussion über den Privatisierungs-Plan aufnahm, kam es vor dem Parlamentsgebäude zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Ein paar Tage später, als das Parlament, begleitet von weiteren Protesten, über den Plan abstimmte, konnten die Beschäftigten einen kleinen Sieg feiern: Die Regierung hatte keine Mehrheit und für den Moment wurde die Privatisierung zum Stillstand gebracht. Es war jedoch zu erwarten, dass die Regierung weiterhin versuchen würde, für eine weitere Abstimmung eine Mehrheit zu sichern und so ist es dann schließlich auch geschehen.

In den letzten Monaten war der Widerstand der Bevölkerung gegen die Troika-Maßnahmen in Zypern sehr präsent. Zusätzlich zu dem Konflikt um die Privatisierungen gab es einen größeren Protest von Anleihebesitzern [en] vor dem Hauptsitz der Bank von Zypern sowie einen Streik der örtlichen Beschäftigten der britischen Streitkräfte in Zypern [en] gegen die Sparmaßnahmen auf der Militärbasis.

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Spanien

Seit Luis de Guindos und Olli Rehn (EU) im Jahre 2012 die Gemeinsame Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) unterzeichnet haben, die dem spanische Staat „strenge Auflagen“ auferlegt hat, lag das Defizit 2012 bei 10,6% und im letzten Jahr bei 7,3%, die Staatsverschuldung nach Eurostat lag bei 93,9% und die Arbeitslosigkeit übersteigt inzwischen 26%.

In einem Akt der Schönfärberei hat die Regierung von Rajoy angekündigt, dass die spanische „Rettung“ beendet ist (falls es sie, so der Präsident, überhaupt jemals gab). Was nicht gesagt wird, ist, dass sowohl die Bedingungen und die Überwachung fortgesetzt werden, bis der letzte Euro-Cent mit Zinsen zurückgezahlt wurde, was nicht vor 2027 passieren wird. Ebenso wie dies für Irland und Portugal gilt, wird auch in Spanien die Überwachung durch die EU und den ESM in den kommenden Jahren fortgesetzt, wenn die Troika Spanien verlässt.

Die spanische Gesellschaft argumentiert weiterhin, dass dies nicht ihre Schulden seien und daher gelte: „wir schulden nichts, wir zahlen nichts“. Dies ist ein authentischer Bürgeraufstand, um Rechte und soziale Dienste zu verteidigen.

Und dieser Kampf erzielt Ergebnisse, zum Beispiel im Hinblick auf den Privatisierungsplan von Krankenhäuserm [de] [en] [nl] [fr] [el] [it] [pt] [es] in Madrid.

Der Widerstand geht weiter mit Mobilisierungen gegen die jüngste Reform des spanischen Abtreibungsgesetzes, das restriktivste Gesetz der spanischen Demokratie, das Tausende von Frauen wieder in die heimliche Abtreibung treiben wird. Und unter dem Motto „Madrid 22-M, Märsche für Würde“ (organisiert von der andalusischen Arbeitergewerkschaft, den Würde Camps von Extremadura und der Zivilen Front Wir sind Mehrheit, neben vielen weiteren Gruppen), werden Märsche von verschiedenen Punkten des Landes in die Hauptstadt führen und in Madrid am 22. März ihren Höhepunkt finden. Ihre Forderungen sind in einem Manifest [de] [en] [fr] [el] [es] gesammelt.

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Italien

Das Verhältnis der italienischen Staatsverschuldung in Relation zum BIP bleibt bei 133,3%, die zweithöchste der gesamten Europäischen Union (ein absoluter Wert von mehr als 1.500 Mrd. Euros). Der Durchschnitt der Eurozone liegt bei 92,7%. Unabhängig von der Tatsache, dass alle gewählten Regierungen der letzten drei Jahre – die sog. Experten-Regierung von Monti, die Letta-Regierung und die neue Regierung von Renzi – den Auftrag hatten, die öffentlichen Verschuldung zu reduzieren, stieg diese doch von 126% des BIP Ende 2011 auf mehr als 133% zum heutigen Zeitpunkt.

Renzi, der neu gewählte Generalsekretär der demokratischen Partei, repräsentiert den konservativsten Flügel des Mitte-Links-Spektrums. Mehr als die Hälfte der italienischen Bevölkerung hat im Hinblick auf seine Regierung eine positive Meinung geäußert und ist davon überzeugt, dass diese lange durchhalten wird.

Leider bedeutet dies nicht die echte Veränderung, auf die die Italiener hoffen, denn in erster Linie repräsentiert diese Regierung die italienischen und europäischen wirtschaftlichen und finanziellen Interessengruppen. Sie muss als eine Fortsetzung der vorherigen technokratischen Kabinette gesehen werden. Ein Beispiel dafür ist der neue Wirtschaftsminister Giancarlo Padoan, ein ehemaliger Generalsekretär des IWF und Vize-Sekretär der OECD.

Zu den von Renzi angekündigten Maßnahmen gehört auch der sogenannte „Job-Act“, der in dieselbe Richtung wie die „Europäische Strategie für Beschäftigung“ geht. Dieses Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, Arbeitslosigkeit mithilfe der Legitimierung von neuen Arten ungesicherter (prekärer) Arbeitsverträge zu beheben. Die Arbeitslosigkeit beträgt 12% (ungefähr 3,3 Mio. Menschen) und ist somit auf dem höchsten Stand seit 1977. Für junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahre beträgt sie sogar 42,4%.

Am 22. Februar, dem nationalen Aktionstag gegen Hochgeschwindigkeitszüge (NO TAV), versammelten sich Tausende Menschen in den wichtigsten italienischen Städten, um gegen die wirtschaftlichen und finanziellen Interessensgruppen zu kämpfen, die sich für die Umsetzung dieser Projekte einsetzen, die die Gesundheit und die Umwelt in den betroffenen Gebieten gefährden.

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Slowenien

Slowenien kämpft nach wie vor mit der Überschuldung der Banken und des privaten Sektors und sieht sich starkem Druck der EU ausgesetzt, Troika-ähnliche Maßnahmen durchzusetzen. Eines der Troika-ähnlichen Modelle, die in das Land exportiert wurden, neben den geforderten Privatisierungen, ist das Modell der „Bad Bank“; in Slowenien heißt sie Bank Asset Management Company (DUTB [en] [sl]) und wurde 2013 gründet.

Die Idee der DUTB ist „die Finanzkapazität und die Nachhaltigkeit systemischer Banken und als Konsequenz daraus das Wirtschaftswachstum zu fördern“. Damit sollen Geschäftsbanken einen Teil ihrer notleidenden Kredite, die sie vor der Krise angesammelt hatten, auf die DUTB übertragen. Danach wären die Banken wieder in der Lage, die Funktion der Kreditvergabe an die Wirtschaft auszuüben, während die Europäische Kommission (EC) und internationale Finanzinvestoren den gesamten Prozess kontrollieren.

Abgesehen davon, dass eine Institution aus Troika-Mitgliedern den finanziellen Sektor in Slowenien steuert und seine nationale Wirtschaft bestimmt, ist es noch beunruhigender, dass ausländische Manager, die eine offensichtliche Verbindung zur Troika besitzen, die Kontrolle haben. Beispiele hierfür sind Lars Nyberg, Arne Berggren und Carl-Johan Lindgren, die Mitglieder des Vorstandes der DUTB sind. Lars Nyberg ist eng mit der EZB verbunden, war Präsident der EZB-Krisenmanagement-Gruppe und Mitglied der „de Larosière-Gruppe“ (eine hochrangige Expertengruppe für die Finanzaufsicht in der EU). Arne Berggren war Mitglied des IWF „Troika“-Teams in Spanien und sein Kollege Carl-Johan Lindgren arbeitete ebenfalls für den IWF. Es ist keine Überraschung, dass die Gründung der DUTB vom IWF begrüßt wurde, denn sie galt als ein wichtiger Schritt zur Lösung des Problems der sogenannten toxischen Wertpapiere.

Am 17. Januar nominierte die slowenische Regierung einen neuen Vize-Direktor des Vorstands der DUTB, Mitja Mavko, aus dem Finanzministerium. Er ist der Leiter für internationale Finanzbeziehungen und zu seinen Hauptpflichten zählte, die Beziehungen zu internationalen Finanzinstitutionen zu pflegen, neben seiner Funktion als stellvertretender Gouverneur Sloweniens in der Weltbankgruppe. DUTB wurde auch stark von der slowenischen Zentralbank unterstützt, von Gouverneur Boštjan Jazbec, der zuvor als Berater für den IWF im Kosovo und in Surinam arbeitete. In dieser Hinsicht ist Slowenien gravierendem Druck ausgesetzt, Troika-ähnliche Maßnahmen selbst zu verhängen, ohne öffentliche Kontrolle und seine ungeeigneten Strukturen anzupassen.

Es besteht große Sorge, dass die Existenz der DUTB für die Steuerzahler bedeuten könnte, dass diese für alle finanziell verdächtigen Aspekte aus dem Erbe der Banken zu zahlen haben, während die „guten Teile“ an ausländische Banken und Investoren verkauft werden. Die Steuerzahler werden drei Milliarden Euro zahlen müssen, um die Finanzierungslücke zu decken. Darüber hinaus haben sich auch kritische Stimmen zu den Kosten der DUTB geäußert, die fünf Millionen Euro betragen. Ein Großteil der Verträge, mit einem Wert von zweieinhalb Millionen Euro, wurde an das ausländische Beratungsunternehmen Quarz & Co vergeben, dessen Partner Torbjörn Månsson gleichzeitig Interim-Direktor der DUTB ist. Die Frage nach den Kosten für die DUTB und die Beziehungen zu Quarz & Co wurde von Lars Nyberg im slowenischen Fernsehen kommentiert. Man kann sein Interview (Minuten 20:15 – 27:00) in Englisch hier anschauen: http://ava.rtvslo.si/predvajaj/odmevi/ava2.174260010/

Finanzminister Uroš Čufer hat zugegeben, dass Slowenien sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet und stark von ausländischen Märkten abhängt. Das Land wird auch in den kommenden Jahren weiter Kredite aufnehmen müssen. Slowenien gab, nachdem die Märkte wieder gedreht hatten, in US-Dollar nominierte Anleihen im Wert von dreieinhalb Milliarden US-Dollar aus; eine Überholung der Bankenbranche des Landes im vergangenen Jahr hatte dazu beigetragen, das Risiko zu reduzieren, dass das Land sich von der Troika „retten“ lassen muss. Ein Verkauf, arrangiert von Barclays, Goldman Sachs und JPMorgan Chase, kostete über fünf Millionen Euro an Gebühren. „Dies ist der größte Buch-Auftrag für eine derartige Emission von Staatsanleihen in Mittel-und Osteuropa, im Nahen Osten und in Afrika im Jahr 2014“, sagte Irena Ferkulj, eine Sprecherin des Finanzministeriums.

Allerdings will Sloweniens Regierung nicht öffentlich machen, wer die Käufer der Anleihen waren. Darüber hinaus besteht die Tatsache, dass „Slowenien in den letzten Jahren seine Staatsverschuldung von rund 20 bis 25 % auf fast 73% des BIP erhöht hat[en], sagte Čufer. Sobald die Ausgabe der neuesten Dollar-Anleihe, die in zwei Tranchen ausgegeben wurde, analysiert ist, werden die Vorbereitungen für die Emission einer neuen Anleihe in Angriff genommen, sagte er in einem Fernsehinterview. Und es wird geschätzt, dass dies die slowenischen Staatsschulden auf rund 77,7% des BIP erhöhen [en] wird.

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In eigener Sache

Das TroikaWatch Team wächst weiter: Ein Mitglied des sich gerade neu gründenden Attac Irland wird zukünftig für uns über die Situation in Irland berichten. Und dank Andreja, einer Grafik-Designerin aus Slowenien, verfügen wir jetzt auch über unser eigenes Logo und Banner. Wer dabei mithelfen möchtest, unseren Newsletter in ganz Europa noch bekannter zu machen, kann unser Banner auf seiner Homepage platzieren. Das Banner ist hier in unterschiedlichen Größen verfügbar.

TroikaWatch wurde von einer Gruppe ganz unterscheidlicher Menschen ins Leben gerufen: einige von uns arbeiten für Organisationen der Zivilgesellschaft wie Bretton Woods Project [en] [es] [fr] [el], CEO [en], CADTM [en] [fr] [es] [pt], Humanitas [en] [sl] oder TNI [en] [es], andere sind in Netzwerken wie Attac [de] [en] [fr] [es] [pt] [it] [el], ICAN [en] [fr] [es], dem Forum per una Nuova Finanza Pubblica e Sociale [it] oder der spanischen Bewegung 15M aktiv.

Wir planen, diesen Newsletter ein- bis zweimal pro Monat auf Englisch [en], Niederländisch [nl], Französisch [fr], Deutsch [de], Griechisch [el], Italienisch [it], Portugiesisch [pt], Slowenisch [sl] und Spanisch [es] zu veröffentlichen. Ihr könnt Euch unter www.troikawatch.net/lists?p=subscribe&id=4 für den Newsletter anmelden und mit uns Kontakt aufnehmen, indem Ihr eine E-Mail an info@troikawatch.net sendet.

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Viele Grüße aus Amsterdam, Athen, Barcelona, Berlin, Brüssel, Florenz, Frankfurt, Kopenhagen, Liège, Lissabon, Ljubljana, London, und Thessaloniki,
Das TroikaWatch Team

Dieser Newsletter wird unter der Creative Commons License 2.0 veröffentlicht. Bitte gebt http://www.troikawatch.net/de/dritter-newsletter-von-troikawatch/ als Quelle dieses Newsletters an. Der eingebettete Inhalt (Videos, Bilder) ist nicht von uns und fällt deshalb unter das Copyright des Besitzers dieses Copyrights.

The TroikaWatch Team wants to thank Trommons.org (the Rosetta Foundation) and their translators, as they have been of great help in allowing us to publish this newsletter in many languages.

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